Leyens, David
In seinen Lebenserinnerungen „Die fremden Jahre“ beschreibt Erich Leyens seinen Onkel David als jemanden, der in Weisweiler hoch angesehen war: „Der Onkel war im Dorf ein bewunderter Mann, anscheinend aus Gründen, die uns komisch erschienen: Er sah wie ein norwegischer Fischer aus und sprach mit der autoritären Stimme eines preußischen Feldwebels.“ David Leyens sei ein deutscher „Super-Patriot“ und Verehrer von Kaiser Wilhelm II. gewesen.
Welche Bedeutung David Leyens in Weisweiler gehabt hatte, lässt sich sogar an den wütenden Verleumdungen der Nazi-Presse in der Zeit der Machtergreifung ablesen. Da wurde (Westdeutscher Beobachter vom 29. Januar 1935) behauptet: „Es wurde in der Gemeinde kein Geschäftchen gemacht, von dem Jud Leyens nicht seinen Reibach in die Tasche steckte“ und „Heute noch schmachtet der Steuerzahler in Weisweiler, weil ein Jude Leyens jahrelang die Gemeindepolitik fast hundertprozentig beeinflusste.“ In solcher Polemik spiegelt sich die frühere Wertschätzung des betagten Mannes.
Im Alter und mit der wachsenden Entrechtung der Juden, so berichtet Neffe Erich Leyens weiter, sei der Onkel wunderlich geworden, „es musste sich wohl in dem geordneten Räderwerk seines alten Kopfes eine Schraube gelockert haben“. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Berichte, wie perfide die Weisweiler Nationalsozialisten während der Novemberpogrome 1938 mit David Leyens umgegangen sind, besonders bestürzend. Nach der Zerstörung der Einrichtung der seit mehreren Jahren nicht mehr benutzten Synagoge zogen die Mitglieder der NS-Organisationen zum Marktplatz und warfen dort Gegenstände aus der Einrichtung der Synagoge in ein Reisigfeuer. Der verwirrte alte Herr wurde angespuckt und mit Tritten gezwungen, einen Balken aus der Einrichtung der Synagoge zum Marktplatz zu tragen und dort in das Feuer zu werfen. Überliefert ist, dass der Bürgermeister und Vorsitzende der NSDAP-Ortsgruppe, Heinrich Löltgens, sich mit den Worten „Lach doch, Du alter Gauner!“ mit dem gedemütigten alten Juden fotografieren ließ.
David Leyens kam am 19. April 1863 in Grambusch bei Erkelenz zur Welt. Am 15. Juni 1891 heiratete er Bertha Levenbach – Berthas Schwester Sara heiratete am gleichen Tag Davids Bruder Hermann. Hermann und Sara Leyens zogen nach Wesel. Von Sara wissen wir, dass sie als Witwe von den Nazis ermordet wurde. Bertha Leyens starb, 80 Jahre alt, am 19. Juli 1940 und wurde in Weisweiler beerdigt. David Leyens und seine 1892 geborene Tochter Elsa wurden wahrscheinlich zwischen März und Juli 1942 deportiert und ermordet. Genauere Angaben gibt es nicht. Die Datenbank der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel führt Vater und Tochter als Opfer der Shoa auf.
David Leyens bei "Stolpersteine"
Leyens, David
erstellt von Friedhelm Ebbecke-Bückendorf Zuletzt aktualisiert: 27.04.2014
Familienname |
Leyens |
Vorname |
David |
Geburtsname |
-- |
Geburtsdatum |
19.04.1863 [Geschichtswerkstatt, Heiratsurkunde H-W 1891-003] |
Geburtsort |
Grambusch bei Erkelenz (Kreis Heinsberg) [H-W 1891-003] |
Familienstand |
verwitwet |
Vater |
Heinrich Leyens, Metzger * 1824 [Geschichtswerkstatt, H-W 1891-003] |
Mutter |
Henriette (Judith) geb. Rosendahl, * 1837 [Geschichtswerkstatt] (heiratete nach Heinrich Leyens Tod Marcus Hirtz/Hertz) |
Geschwister |
Albert * 1858 Josephina * 1860 Simon * 1861 Leopold * 1865 Hermann * 1866 |
Ehepartner |
Bertha geb. Levenbach, * 12.08.1859 Weisweiler [G-W 1859-031], Heirat am 15.06.1891 Langerwehe [H-W 1891-003], Y 19. Juli 1940 Weisweiler [T-W 1940-014]. |
Kinder |
Elsa * 03.10.1892 [42/1892 Weisweiler] |
Weitere Verwandte |
Möglicherweise ein Neffe: Möglicherweise eine Nichte: Jordan, Frieda geborene Leyens, * 20. Oktober 1890 in Schwanenberg, wohnhaft in Düsseldorf, Deportation: ab Düsseldorf 10. November 1941, Minsk, Ghetto [Gedenkbuch] |
Beruf |
Viehhandel und Kolonialwarengeschäft, Makler [Adressbücher] |
Letzte Adresse |
Weisweiler, Hauptstraße 46 |
Deportation etc. |
Wahrscheinlich 1942 über Düren. |
Todesdatum |
unbekannt |
Todesort / Ursache |
unbekannt |
Entkommen? |
-- |
Sonstiges |
Eine Deportation über Kirchberg, obwohl von Zeitzeugen vermutet, ist unwahrscheinlich. Bei den Personen, die bei Yad Vashem mit letztem Wohnsitz „Kirchberg“ (nämlich Haus Buth) registriert sind, sind die Leyens nicht dabei. Leyens soll die zuletzt nicht mehr genutzte Synagoge im Hintergelände Hauptstraße 40 betreut haben. Zum Geschehen in der Reichskristallnacht und dem späteren Prozess gegen Bürgermeister Löltgens siehe auch Wanka: Friedhof Weisweiler. Zum Charakter Leyens' und zu seinem Ansehen im Ort siehe Erich Leyens: Die fremden Jahre, S. 29. |
Stolperstein? |
Geplant für 2014 |